Freitag, 19. Juni 2009

Noch 83 Tage

Hi,

die Zeit verfliegt hier wie im Fluge. Seit meinem letzten Blogeintrag sind schon wieder Wochen vergangen. Allerdings muss ich euch leider enttäuschen, dass es in dieser Zeit nicht viel neues gab.

Wie ich euch bereits angekündigt habe, hört das Schuljahr hier bereits Anfang Juni auf. In den letzten Wochen desselben haben die Computer, Sport- und Deutschstunden kaum noch stattgefunden. Stattdessen haben die Schüler für die Prüfungen geübt und den Nationalfeiertag gefeiert. Dieser wurde am 20. Mai mit einer ähnlichen Parade wie am Jugendtag gefeiert. Im Gegensatz zu letzterem war diesmal auch die Polizei und Armee anwesend und ist marschiert und hat ihre Fahrzeuge präsentiert. Die meiste Zeit des Tages hieß es aber wieder mal warten. An einen pünktlichen Beginn habe ich gar nicht erst geglaubt, doch auch nachdem die Zeremonie angefangen hatte, zog sie sich ziemlich in die Länge. Nachdem der Gouverneur die anwesenden Menschen von seinem Wagen aus gegrüßt hatte, ist erst die Polizei- und Armee marschiert, ehe anschließend die Schuler an der Reihe waren, was bei den vielen Kindern und Schulen Ewigkeiten dauerte. Da erst die Staatsschulen, vor den privaten Schulen an der Reihe waren, hieß es Stunden warten. Gott sei dank mussten wir nicht auch noch auf die Secundary schools warten und konnten gegen Mittag wieder nach Molyko, dem Stadtteil, in dem wir wohnen, zurückkehren, wo wir den Nationalfeiertag in einer Bar weitergefeiert haben.

Die nächste Festveranstaltung war die Graduationsfeier Anfang Juni für die Kinder der Vorschule und der 6. Klasse. Zeitlich war der Beginn für kamerunische  Verhältnisse relativ pünktlich. Die Schule ist schön geschmückt und als wir dort ankommen herrscht bereits mächtig Betrieb. Vor dem Schultor werden künstliche (ziemlich kitschige) Blumensträuße verkauft. Für die Graduation werden diese massenhaft gekauft. Außerdem sind viele Fotografen anwesend, um den einmaligen Tag auf Fotos festzuhalten. In den Graduationsmäntel und den besonderen Hüten sehen besonders die Vorschulkinder extrem niedlich aus.

Wie schon bei der Weihnachtsfeier hat der Schulchor neben der Nationalhymne noch verschiedene andere Lieder gesungen und andere Kinder haben Sketche vorgetragen. Die 6. Klässler haben sich für die großartige Zeit an der Schule bedankt und schließlich kommt es zur Graduation.

Der letzte Teil der Veranstaltung  ist leider ziemlich langweilig und viele Eltern verlassen bereits die Halle. Angefangen mit der 6. Klasse werden die besten 3 Schüler jeder Klasse gekürt. Bei der großen Schule, zu der Jamadianle mittlerweile geworden ist dauert dies Ewigkeiten, auch weil der Moderator seine Aussagen immer mindestens dreimal wiederholt. Zusätzlich werden in jeder Klassenstufe auch noch die besten Schüler eines jeden Fachs ausgezeichnet und bekommen einen kleinen Preis. Die Luft in der Halle wird immer schlechter und so sind wir froh, als die Veranstaltung endlich zu Ende ist und es nach Hause geht. Den Nachmittag verbringen wir wie bei allen besonderen Ereignissen zusammen mit den Lehrern von UAC in einer Bar.

Merkwürdig ist die Reihenfolge in denen hier die Prüfungen und Graduation stattfinden. So haben die 6. Klässler nach ihrer Graduation immer noch Prüfungen und wissen damit noch lange nicht, ob sie die 6. Klasse erfolgreich abgeschlossen haben. Ich hatte angenommen, dass mit der Graduation die Sommerferien endgültig anfangen, doch mit dieser Einschätzung war ich etwas zu voreilig. Die Graduation wird eben irgendwann durchgeführt und die Ergebnisse der Prüfungen gibt es später. Gerade in den Staatsschulen, wo leider ein nicht allzu kleiner Teil der Schüler die Prüfungen nicht erfolgreich bestehen, haben die Schüler mehrmals die Graduation für ein und denselben Abschluss, was zu höheren finanziellen Belastungen für die Graduation führt, aber insgesamt eher das kleinste Problem im kamerunischen Bildungssystem ist.

Deutlich schockierter war ich über die Länge der Prüfungen, die die 6. Klässler zu schreiben hatten. Die Prüfungen sämtlicher Fächer schreiben sie in zwei Tagen und zwar jeweils den ganzen Tag (mit einigen Pausen). Wenn ich mich recht erinnere war meine längste Prüfung bisher 4 ½ Stunden lang und diese fand letztes Jahr für das Abitur statt. Hier sollen die etwa 11- jährigen Kinder der 6. Klassen einen ganzen Tag die Prüfungen schreiben. Kein Wunder, dass die Testergebnisse am Ende zu wünschen übriglassen; am Ende kann sich doch keiner mehr konzentrieren. Die Erklärung, die ich für diese langen Prüfungen bekommen habe, liegt in logistischen Problemen die zentralen Prüfungen an alle kamerunische Schulen zu verteilen. Würden die Prüfungen für jedes Fach an einem anderen Tag geschrieben, müssten die Kuriere, um die Geheimhaltung der Prüfungen sicherzustellen, deutlich öfter fahren, was bei den hiesigen Straßenverhältnissen ein gehörigen Aufwand bedeutet. Zumindest etwas auseinanderziehen könnte man die Prüfungen meiner Ansicht aber schon.

Doch auch vor den Prüfungen hatten die Schüler ein ordentliches Programm zu absolvieren und hatten täglich von 7:30 Uhr bis in den Nachmittag Unterricht um alle Inhalte erfolgreich zu verinnerlichen. Damit haben sie im Alter von 11 Jahren schon eine normale 40 Stunde Woche, die evtl. Arbeiten und Lernen zu Hause noch gar nicht einschließt. Immerhin gibt es von den ersten Prüfungen inzwischen die Ergebnisse und diese sind für die Jamadianle Schule grandios. Alle Schüler haben die Prüfung erfolgreich bestanden und die Schule insgesamt gehört zu den besten. Nun stehen noch die Ergebnisse der zweiten zentralen Prüfungen auf dem Programm, die hoffentlich ähnlich erfolgreich sind.

Mit den letzten Prüfungen für die Schüler der 6. Klasse ist das Schuljahr letzte Woche endgültig zu ende gegangen.

Damit sind findet derzeit keines der Projekte an denen ich beteiligt bin statt. So warten wir nun alle auf den Start des Ferienprogramms. Die Zahl der Freiwilligen hat sich massiv erhöht und so sind wir nun insgesamt 11 Freiwillige hier. So mussten sogar extra Räume eingerichtet werden. In kürzester Zeit wurden in dem „Wohnzimmer“ der beiden Freiwilligenhäuser Holzwände errichtet und damit jeweils ein weiterer Raum geschaffen.

Über das geplante Ferienprogramm konnten wir inzwischen schon etwas mehr erfahren, wenngleich vieles noch unklar geblieben ist. Zum einen soll die sogenannte UAC Summer Holiday Karawane stattfinden. Ein Nachmittagsprogramm was ähnlich wie das School on Wheels Projekt in verschiedenen Dörfern stattfindet. In dieser Zeit arbeiten wir spielerisch mit dem Kindern. Im Gegensatz zum School on Wheels Projekt soll es allerdings nicht nur in den drei Dörfern Bwitingi, Bokvai und Bonakanda rund um Buea stattfinden, sondern auch auf dem Weg nach Kumba und rund um Mamfe stattfinden. So freue ich mich in den restlichen 3 Monaten noch einige neue Dörfer kennenzulernen. Teilweise wurde auch von einem Camp mit Übernachtungen in den Dörfern gesprochen, woran ich allerdings nicht glaube, auch weil unser Chef sagt, dass wir nur am Nachmittag mit den Kindern arbeiten können, weil sie am Morgen auf den Farmen arbeiten. Des Weiteren sind drei Freiwillige aus Amerika im Zuge des One Laptop per Child (OLPC) Projekts gekommen und haben 100 XO Laptops mitgebracht. Diese sollen ebenfalls in das Ferienprogramm integriert werden und neben den Lehrern und den Schülern der 6. Klasse sollen auch weitere Schüler die Gelegenheit bekommen den Umgang und die Benutzung der Computer zu lernen.

Das letzte Projekt, dessen Durchführung noch von der Beschaffung entsprechender finanzieller Mittel abhängt, ist das Community Sport for Development Program. Dieses Projekt, welches ich bereits im März miterlebt habe, soll die Jugendlichen ermutigen ihre Kraft und Energie für die Entwicklung und produktive Aktivitäten in den Dörfern zu nutzen. Das Problem dort ist, dass viele Jugendliche von den Dörfern in die Städte ziehen, wo sie nach Jobs suchen, was meistens sehr, sehr schwer ist. Dieses Projekt soll die Kraft und Energie der Jugendlichen in den Dörfern durch den Volkssport Fußball bündeln und auch in anderen Bereichen  einzusetzen. So beinhaltet dieses Projekt neben einem Fußballturnier, eine Reinigungskampagne, ein gemeinschaftlich bewirtschafteter Bauernhof (co-operative farming genannt) und Diskussionen zu Themen, die die Jugendlichen betreffen oder über die sie gerne Sprechen wollen. In allen Disziplinen werden die 4 Teilnehmenden Dörfer Bokova, Bwitingi, Bokvai und Bonakanda bewertet und am Ende gibt es Sachpreise, bestehend aus Werkzeugen, die sie auf dem Bauernhof nutzen können. Mit der Wiederholung dieses Programms soll zum einen die fachgerechte Nutzung der beim letzten Mal vergebenen Preise evaluiert werden und die weitere Arbeit der Jugendlichen an dem gemeinsamen Bauernhof zu honorieren. Beim letzten Mal hatten einige Dörfer noch große Schwierigkeiten, bei der Bewirtschaftung des Bauernhofs, weil entsprechende Geräte fehlten.  Zum anderen sollen dieses Mal Mädchenmannschaften an dem Turnier teilnehmen. Gemeinsam hoffen wir 11 Freiwillige den finanziellen Bedarf für die Durchführung dieses Projekts zusammenzubekommen um dieses Projekt ebenfalls in den Sommerferien durchführen zu können und den Jugendlichen damit auch eine Abwechslung während den 3-monatigen Sommerferien geben zu können, in denen sie ansonsten überwiegend auf den Feldern arbeiten.

Auch wenn die Regenzeit hier immer mehr Einzug erhält, haben wir hier die letzten Tage ein großes Wasserproblem. Während wir vorher zumindest immer wieder wenigstens etwas Wasser aus dem Wasserhahn kam, gibt es seit ein paar Tagen überhaupt kein Wasser mehr. Ich gehe davon aus, dass irgendwo an den Leitungen gearbeitet wird und die Wasserleitungen aus diesem Grund abgestellt sind. Doch Informationen darüber gibt es nicht. Gerade, da wir nun zu viert das Badezimmer nutzen, hält das Wasser in den Eimern nicht lange vor und so mussten wir vor einigen Tagen das erste Mal nach sehr langer Zeit mal wieder mit Bus Wasser holen fahren.

Ähnlich wie mit der Wassersituation geht es auch mit der Stromversorgung, die deutlich unzuverlässiger ist. Bei jedem größeren Regen oder Sturm fällt der Strom aus und auch wenn keine Gründe erkennbar sind kommt es häufig zu sehr kurzen Stromausfällen von einigen Sekunden, die besonders im Cybercafe sehr nervig sind. In diesen Fällen liebe ich meinen Laptop mit Akku, der mich zumindest vom Datenverlust verschont.

Leider ist auch die Verbindungsqualität im Cyber in den vergangenen Wochen stetig schlechter geworden und vorgestern war die Verbindung so langsam, dass ich während einer zweistündigen Internetsitzung gerade mal eine Email lesen konnte. So hat das Cyber in den vergangenen Tagen aufgrund einer zu schlechten Verbindung gar nicht erst aufgemacht. Nach dem schlechten Service des Providers MTN soll die Internetverbindung zum Beginn des nächsten Monats auf den anderen Mobilfunkbetreiber Orange umgestellt werden. Ich hoffe, dass damit wieder eine zuverlässige Internetverbindung möglich ist.

Auch wenn es hier schon sehr viele Internetcafes gibt, wird das Internet nur von einem kleinen Teil der Bevölkerung genutzt. Gar nicht glauben konnte ich die Preise, die hier für eine Internetverbindung bezahlt werden müssen. Für einen einigermaßen schnellen Anschluss mit 1 Mbit pro Sekunde, eine der schnellsten Verbindungen, die man hier bekommen kann, kostet umgerechnet deutlich über 400 Euro im Monat und ist damit etwa 20 Mal teurer als in Deutschland. Weiß gar nicht, wie es werden soll, wenn ich nach dem Jahr hier wieder eine schnelle Internetverbindung habe. Werde mich wohl fragen, ob alles mit rechten Dingen zugeht. Aber daran kann man sich wahrscheinlich schneller gewöhnen als an die langsame Verbindung hier.

Ich hoffe, dass es euch zu Hause gut geht. Lasst euch nicht von der Schweinegrippe anstecken.

Beste Grüße aus dem regenreichen Kamerun.

Jannik